Großer Wilder: klingt wild? Ist es auch! Generell kann das Wandern im Allgäu manchmal ganz schön überlaufen sein. Nicht so bei dieser Tour in den Allgäuer Hochalpen. Die Wanderung zum Großen Wilden hinauf auf 2379m beginnt einfach, fordert zunehmend Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und endet schließlich in wunderschönster Kletterei im Schwierigkeitsgrad II+ über den Nordgrat. Fantastische Ausblicke, Murmeltiere, Gämsen – der Große Wilde hat so einiges zu bieten. Ich war dennoch nicht ganz oben am Gipfel, aber eines nach dem anderen.

Zuvor war ich in der Breitachklamm Oberstdorf.

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Vor dem Großen Wilden im Hintergrund ein Wasserfall der typisch für das Bärgründeltal ist

Inhaltsverzeichnis


1. Details zur Tour am Großen Wilden

Länge: 17 km

Dauer: 7-8 Stunden

Schwierigkeit: Kletterei II+

Höhenmeter: ↑1292 hm und ↓1292 hm


2. Das Video zur Wanderung zum Großen Wilden im Allgäu

Großer Wilder - Allgäuer Alpen (Alpine Adventure)

3. Tourenbeschreibung: Los geht die Wanderung am Giebelhaus

Der Start der Wanderung zum Großen Wilden ist das Giebelhaus. Doch wie kommt man in einem autofreien Tal dort hin? Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Bus. Der Fußweg ist extrem langweilig, fällt also raus. Ein Fahrrad hatte ich nicht dabei, fällt also raus. Bleibt der Bus. Der sogenannte Giebelbus fährt ab Hinterstein, dem Ort, an dem das Auto geparkt werden muss. Die Kosten für den Parkplatz betragen 4€ pro Tag und für den Bus 4,60€ pro Strecke zum Giebelhaus. 

Der Parkplatz in Hinterstein ist zugleich auch Ausgangspunkt für die Wanderung zum bekannten Schrecksee. Für die Tour zum Großen Wilden bietet sich der erste Bus des Tages an. 7:15 Uhr ab Hinterstein. Von Oberstdorf ist Hinterstein in etwa 30 Autominuten zu erreichen – für die Langschläfer unter euch also eine Quälerei.

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Fahrplan „Giebelhausbus“ von Hinterstein

Der Fahrplan für den Giebelhausbus könnt ihr hier einsehen. Dieser ist der Sommerfahrplan und gültig für 2019 (bis zum 03.11.2019). In der Regel ändert sich an den Zeiten nicht viel, die aktuellen Fahrpläne findet ihr auf der Webseite vom Bad Hindelang.

Durch das Bärgründeltal stetig bergauf

Nun aber zur Tour: Die ersten Kilometer geht es auf dem Fahrweg in Richtung Bärgündele-Alpe. Das Bärgündeletal ist wunderschön und mit seinen naturnahen Bergmischwäldern, Wasserfällen und Wildbächen Lebensraum für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Wenn da nicht dieser Fahrweg wäre. Aber man muss auch nicht immer mitten durch die Natur trampeln, also ist der Fahrweg schon okay. Das änderte sich sowieso schlagartig. 

Immer wieder sind auf diesem Weg Blicke auf das Tagesziel zu erhaschen, es wirkt so unglaublich weit entfernt. Nach einer Murmeltierbegegnung windet sich der Weg noch um einige Kurven und ist plötzlich vorbei.

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Hier geht es jetzt richtig steil auf einen schmalen Bergweg. Bis hierhin braucht ihr eine gute Stunde, wenn ihr flott geht. Ich habe 1:10h gebraucht, habe aber mit Blick auf die Länge der Tour auch keine Pausen gemacht. Auch das Bergpanorama zu diesen frühen Morgenstunden lässt auf einen grandiosen Tag hoffen.

Panorama auf die Allgäuer Hochalpen

Nach einigen weiteren Höhenmetern bietet sich ein traumhaftes Panorama auf die Allgäuer Hochalpen. Dem Stierbach folgend geht es weiter steil bergauf, bis sich der Wanderweg vom Prinz-Luitpold-Haus dazugesellt. Gemeinsam führen beide Wege weiter hinauf in Richtung Himmelecksattel. Bevor es in den letzten Steilaufschwung hinauf zum Sattel geht, öffnet sich der Kessel am Fuße des Großen Wilden. Die typische Graslandschaft der Allgäuer Alpen zeigt sich hier. 

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Und eben diesen Kessel muss man hinauf. Aber keine Sorge, für die Mühen wird man belohnt. Ein fantastisches Panorama auf die Allgäuer Alpen bietet sich – in beide Richtungen. Auf der einen Seite wandern irgendwo die Menschen auf der Wanderautobahn E5 in Richtung Meran und auf der anderen Seite thront der Hochvogel. 

Und es zeigt sich auch zum ersten Mal der Weg über den Nordgrat zum Wilden Großen. Sieht spektakulär aus, ist es auch. Am Himmelecksattel müsst ihr auf meiner Route vom Bärgründeltal aus links abbiegen, kommt ihr von der Alternativroute aus dem Oytal, geht es rechts hinauf. Von hier aus geht es auf mehr oder weniger pfadlosem Gelände weiter.

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4. Das Ziel Großer Wilder über den Nordgrat immer im Blick

Benötigt man bis hier „lediglich“ gute Kondition und Trittsicherheit, werden von nun an die Schwindelfreiheit und die Kletterkünste gefordert. Bevor es in den Fels hineingeht, ist äußerste Vorsicht in ausgesetztem, steilstem Grasgelände (60 Grad) gefragt. Stellenweise kann man sich nur an Grasbüscheln festhalten. Sobald es feucht wird, kann diese Stelle sehr anspruchsvoll werden. 

Schnell wird aus dem grasigen Gelände Felsgelände. Auch hier ist Vorsicht geboten, scheinbar feste Tritte und Halte sind stellenweise bröselig. Daher immer vorher testen ob ein gewählter Tritt auch tatsächlich fest ist. Die ersten Felsen sind in leichter Kletterei (I) überwindbar. Hier habe ich eine kleine Brotzeit eingelegt und auch einen Kaffe gekocht – in der Sonne ein Traum bei der Aussicht auf das Allgäu. 

Die Kletterstellen werden schwieriger auf dem Nordgrat

Weiter geht es über den Grat in leichter Kletterei (I), bis die erste Felsbarriere auftaucht. Diese kann entweder überklettert werden (II+) (Achtung: keine Markierungen und brüchiger Fels) oder links umgangen werden. Aber auch hier sind Kletterstellen (I) zu bewältigen. Abwechselnd folgen kleiner Gehpasssagen und leichte Kletterei. Aber auch die Gehpassagen dürfen in diesem exponierten Absturzgelände nicht unterschätzt werden. Hier gilt es bis zum markanten Gratturm die Konzentration hochzuhalten.

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Die Schlüsselstelle – Abketten in die Senke (II+) und von dort über die schrägen Platten (II) weiter hinauf zum Gipfel

Das Abketten des Graturms (II+) bildet mit den darauf folgenden Platten (II) im 60 Grad steilen Gelände die Schlüsselstelle. Ich entschied mich an der Schlüsselstelle etwa 100 Höhenmeter unter dem Gipfel umzukehren, und auf dem gleichen Weg wieder zurück zum Himmelecksattel zu gehen und zu klettern. Schließlich wollte ich noch die ein oder andere Tour in den Alpen folgen lassen (mehr dazu in den kommenden Wochen auf unserem Blog). Nach der Schlüsselstelle folgt der Weg weiter dem Grat, die UIAA-Schwierigkeit nimmt ein wenig ab (I-II). 

Der Rückweg erfolgt entweder auf dem gleichen Weg über den Nordgrat oder durch die Gamswanne. Hier folgen nochmals schwierigere Kletterstellen (II+) und ein Gelände, in dem es äußerst schwierig ist den nicht vorhandenen Weg zu finden. In diesem von Felsabbrüchen durchzogenen Schrofengelände sollte beste Sicht herrschen, um die Orientierung nicht zu verlieren.

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Das Panorama immer im Blick – aufgrund der Kletterei habe ich die Kamera in den Rucksack gepackt auf dem Nordgrat, sodass es davon (leider) keine Bilder gibt.

Kräftezehrender Abstieg vom Großen Wilden

Und dann war da ja noch der Abstieg. Alles, was ich hinaufgekraxelt bin, musste ich natürlich auch wieder hinunter. Abstiege sind fies und Abstiege führen zu Muskelkater und eben nicht die vielleicht anstrengenderen Aufsteige. Warum? Dazu hat Jannik eine Serie Training zum Wandern geschrieben und geht darin auch auf dieses Phänomen ein. 

Aber ich schweife ab. Der Abstieg erfolgte auf dem gleichen Weg wie der Aufstieg. Durch das Hochtal hinab entlang des Stierbachs wieder zurück bis zum Fahrweg. Von hier aus dauerte es nicht mehr lang bis zum Radler am Giebelhaus. 

Dort war ich um 14 Uhr zurück von der Tour. Hätte ich die letzten Meter zum Gipfel mitgenommen, wäre es leicht 15 Uhr oder 15:30 geworden. Aus diesem Grund solltet ihr für diese Tour den ersten Bus in Hinterstein zum Giebelhaus nehmen, um am Nachmittag noch genügend Puffer zu haben. Wer den letzten Bus verpasst, hat keine andere Möglichkeit als die knapp 10 Kilometer von Giebelhaus zum Auto durch das Tal nach Hinterstein zu Fuß zurückzulegen. Auf einem breiten Fahrweg und einer Straße – wer will das schon?

5. Großer Wilder: Das Fazit zu einer fantastischen Tour

Ja okay, ich habe das Fazit möglicherweise schon vorweggenommen in der Überschrift. Atemberaubende Aussichten, gepaart mit einer schweren Bergwanderung (T5-6 nach SAC-Skala) und schönster, wenn auch teils schwieriger und ungesicherter Gratkletterei. Die meisten Wanderer biegen an der Bärgründeleralm ab in Richtung Prinz-Luitpold-Haus und weiter hinauf zum Hochvogel, sodass es Richtung Himmelecksattel ruhiger zugeht. Die Tour sei jedem ans Herz gelegt, der oder die die Kletterei im oberen zweiten Schwierigkeitsgrad beherrscht. Vorsicht: eine extrem lange, und die Kondition, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit fordernde Tour. Ein Traum!


Wanderkarte zur Tour am Großen Wilden

Alpenvereinskarte BY 4: Allgäuer Hochalpen: Hochvogel, Krottenkopf (1:25 000)


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Autor

Seit meiner frühesten Kindheit fahre ich in die Alpen, das Wanderfieber hat mich also schon früh gepackt und stets begleitet. Mittlerweile ist es aber eben nicht nur bei Tagestouren in den Alpen geblieben, wie ihr hier auf dem Outdoorblog lesen könnt. Aktuell studiere ich Wirtschaftsingenieurwesen in Aachen, der Blick geht aber schon wieder in Richtung der nächsten Wandertouren, also bleibt dran!

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