Der Camino del Norte ist einer der vielen Jakobswege in Spanien. Ich bin diesen Weg 2014 erstmals und danach nochmals gelaufen und möchte dir in diesem Artikel einige Tipps geben und Erfahrungen teilen, falls du selbst vielleicht mal diesen Weg gehen möchtest. 

Unser Gastautor Christoph auf dem Camino del Norte

Das ist ein Gastbeitrag von Christoph von jakobsweg-kuestenweg.com

Ich habe mich damals bewusst für den Camino del Norte entschieden, weil ich einen Jakobsweg gehen wollte, der nicht überlaufen ist. Bei meinen Recherchen hatte ich herausgefunden, dass dieser Weg noch recht unbekannt war, wohingegen der Camino Francés, den auch Hape Kerkeling gewandert ist, sehr bekannt war. 

Für mich war daher die Entscheidung recht schnell klar. Neben dem Aspekt der Ruhe und Abgeschiedenheit, die ich gesucht habe für meine Wanderung, hat mich die Nähe zum Meer überzeugt: Der Camino del Norte führt auf seinen gut 800 Kilometer immer wieder direkt oder zumindest in Nähe des Atlantiks in Nordspanien entlang. Und wer liebt es nicht, Wasser zu sehen und einen Ausblick in die Weite beim Wandern?

Ich bin den Weg dann letztlich in „zwei Etappen“ gelaufen, sprich: Die eine Hälfte der 800 Kilometer habe ich im Frühjahr absolviert, und die restlichen rund 400 Kilometer bin ich im Hochsommer gelaufen. Das war sehr interessant, denn ich konnte zwei völlig unterschiedliche Szenarien vorfinden und ganz unterschiedliche Erfahrungen sammeln.

Während der Weg im Frühjahr nämlich noch total leer war, ich manchmal sogar tagelang keinen Mitpilger getroffen habe (und wenn doch, dann maximal eine kleine Handvoll Mitpilger mit mir eine Herberge geteilt haben), war die Situation im Hochsommer eine völlig andere: Bei meiner Ankunft im Juli platzte die Pilgerherberge aus allen Nähten, es wimmelten 40 Leute durch die paar Zimmer und ich staunte nicht schlecht, denn damit hatte ich 0 gerechnet. 

Wer sich die offiziellen Pilgerzahlen und Statistiken ansieht, die jährlich vom Pilgerbüro in Santiago de Compostela ausgegeben werden, mag erstmal staunen, wenn er liest, was ich erlebt habe, und dann die nackten Zahlen sieht: Denn auf dem Papier ist der Camino del Norte ein sehr unbekannter Jakobsweg, dessen Pilgeranteil im Vergleich zu den anderen Jakobswegen bei super geringen 5 Prozent liegt. (Zum Vergleich: Der bekannte Camino Francés, den Hape lief, liegt bei über 50 Prozent, und auch der Camino Portugues liegt bei rund 25 Prozent.)

Wie konnte es dann sein, dass der Weg im Hochsommer so voll war, wenn er doch nur 5 Prozent Anteil hat? Ein wenig später erschloss sich mir das Ganze: Es liegt einfach daran, dass die Menge an Pilgerherbergen und Unterkünften auf dem Camino del Norte deutlich kleiner ist, als die Menge an zur Verfügung stehenden Pilgerherbergen auf den beiden bekannten Wegen. Das heißt: Es sind zwar deutlich weniger Menschen auf dem Camino del Norte unterwegs, da es aber auch wenig Herbergen gibt, sind die Herbergen an sich im Sommer teils ähnlich voll, wie auf dem als voll bis überlaufen geltenden Camino Francés. 

Das ist eine Sache, die ich finde, die du wissen solltest, wenn du mit dem Gedanken spielst, den Norte zu pilgern. Es kann im Hochsommer also voll werden. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass ich nach anfänglicher Skepsis und Widerstand dem Ganzen dann aber doch viel abgewinnen konnte: Ich habe auch das Pilgern im Hochsommer als schön und bereichernd erlebt und eine tolle Zeit gehabt, die ich nicht missen möchte. 

Man muss jedoch wissen: Es ist ein anderes Pilgern, als im Frühjahr oder Herbst. Ich habe es „soziales Pilgern“ genannt, weil man einfach sehr viele Menschen unterwegs trifft. Das tolle ist, dass durch die Vielzahl an Pilgern die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass du auch Menschen triffst, die dir ähnlich sind, mit denen du ein Stück des Weges zusammengehen oder dich ab und zu austauschen kannst. 

Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass du dich deutlich stärker abgrenzen musst und es schwieriger ist, dich ganz auf dich zu fokussieren, wenn so viele andere Pilger auf dem Camino unterwegs sind. Wenn du also vorhast, wirklich viel Zeit für dich zu haben und alleine zu wandern, dann solltest du entweder eine andere Jahreszeit wählen oder (unterwegs) lernen, dich abzugrenzen, und klar zu sagen, wann du alleine gehen möchtest und wann dir nach Kontakt, Austausch etc. zumute ist. 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es ein tolles Übungsfeld sein kann, um sich selbst besser kennen zu lernen. Ich habe gelernt, dass man auch im Sommer und bei vielen Mitpilgern Zeit für sich haben kann. Man muss allerdings lernen, sich nicht zu vergleichen (Wie schnell und weit läuft der andere heute? Etc.), sondern sich auf sich zu konzentrieren. 

Im Frühjahr und Herbst hingegen hatte ich mit anderen Herausforderungen zu kämpfen. Dann lag ich sogar manchmal ganz alleine in einer großen Herberge einer alten Dorfschule, die umfunktioniert wurde, und musste das Alleinsein aushalten. Ich habe es aber sehr genossen, Zeit für mich zu haben, auf der Terrasse einer Herberge alleine in Ruhe morgens zu frühstücken, und abends Tagebuch zu schreiben und den Pilgertag nochmals Revue passieren zu lassen bei einem spanischen Bier und „bocadillo“ (Baguette). Dies sind Dinge, die ich deutlich seltener gemacht habe im Sommer, da es einfach ein anderes Pilgern ist, wenn da viele Menschen um dich herum sind. 

Was das Wegprofil und die Schwierigkeit der Etappen auf dem Camino del Norte angeht, kann ich sagen aus meiner Erfahrung: Ja, dieser Jakobsweg kann sehr fordernd und körperlich anstrengend sein. Insbesondere auf dem ersten Stück von Irun nach Bilbao, als auch auf dem letzten Teil in Galizien (der übrigens dann nicht mehr am Meer entlangführt), ist der Weg sehr bergig und es geht oftmals auf und ab über viele Kilometer. Hinzu kommt, dass es zwar viele Herbergen gibt, aber nicht ein derart dichtes Herbergsnetz, wie etwa auf dem Camino Francés. Dadurch kann es schon mal vorkommen, dass du 15 Kilometer oder mehr laufen musst zur nächsten Herberge. Es passiert selten, aber es kann vorkommen. 

Andererseits möchte ich auch sagen, dass ich glaube, dass man auch als nicht gut trainierter Mensch diesen Jakobsweg schaffen kann. Jedoch ist es in meiner Erfahrung dann umso wichtiger, dass man ein paar Dinge beachtet:

  • Dass man sich nicht mit anderen vergleicht und wie weit und schnell die jeden Tag gehen
  • Dass man seinen eigenen Geh-Rhythmus findet und seinen eigenen Schritt geht
  • Dass man es langsam angehen lässt, insbesondere in den ersten Tagen, wo der Körper diese Belastung noch nicht gewohnt ist, und auf deinen Körper hörst, wie viel ihm gut tut 
  • Dass man genug zu essen und zu trinken dabei hat und sich immer gut versorgt, wenn es eine Bar oder einen Supermarkt gibt
  • Dass man sein Packliste so gestaltet und seinen Rucksack so packt, dass man wirklich so wenig wie möglich dabei hat und so leicht wie möglich unterwegs ist, denn jedes Gramm zusätzlich musst du mit dir herumtragen
  • Dass man gute, passende Schuhe, Rucksack und Ausrüstung hat, auch Regenschutz 

Mit diesen Tipps sollte es auch Anfängern möglich sein, den Camino del Norte zu wandern. 

Ich hoffe, dass ich dir mit diesen verschiedenen Erfahrungen etwas helfen konnte, wenn du überlegst, diesen Weg zu gehen und dich auch fragst, wann die beste Zeit dafür sein könnte. 

Mehr zum Camino del Norte findest du in diesem ausführlichen Artikel auf meinem Blog. 

Autor Gastautor

Schreibe einen Kommentar

Pin It

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern. Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind und Ihre Zustimmung zu freiwilligen Diensten geben möchten, müssen Sie Ihre Erziehungsberechtigten um Erlaubnis bitten. Wir verwenden Cookies und andere Technologien auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern. Personenbezogene Daten können verarbeitet werden (z. B. IP-Adressen), z. B. für personalisierte Anzeigen und Inhalte oder Anzeigen- und Inhaltsmessung. Weitere Informationen über die Verwendung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Auswahl jederzeit unter Einstellungen widerrufen oder anpassen.

Datenschutzeinstellungen

Alle akzeptieren

Speichern

Individuelle Datenschutzeinstellungen