Jeder Körper ist anders! Das habe ich euch in dieser Artikelserie schon öfter gesagt und das könnt ihr euch sicherlich auch ohne meinen weisen Rat denken! Aber warum ist das so? Ein Grund dafür ist die unterschiedliche Muskelfaserverteilung in unseren Muskeln, für die wir erst mal nichts können, da sie genetisch veranlagt ist. Grob lassen sich zwei verschiedene Muskelfaserarten unterscheiden: Die schnell zuckenden Muskelfasern und die langsam zuckenden Muskelfasern. Beide haben ihre Vor- und Nachteile, die ich euch im Folgenden kredenzen möchte.

Inhaltsverzeichnis


Schnell zuckende Muskelfasern (weiß):

Schnell zuckende (engl.: fast twitch oder FT-Fasern) Muskelfasern arbeiten ausschließlich anaerob (ohne Sauerstoff) und sind für schnellkräftige Bewegungen und Aktivitäten zuständig. Sie ziehen ihre Energie aus dem Glykogen in unserem Körper, was (wie ihr hoffentlich alle noch aus Teil 1 Grundlagen Training zum Wandern wisst) für eine sehr schnelle Energiebereitstellung sorgt. Aus diesem Grund erlauben es diese Fasern, die Muskeln schneller und stärker kontrahieren zu lassen, so wie es beispielsweise bei einem 100 Meter Sprint der Fall ist.

So schnell die Energie jedoch gewonnen werden kann, so schnell wird sie leider auch wieder verpulvert. Aber das kennen wir ja bereits vom anaeroben Energiebereitstellungssystem. Ansonsten wäre es auch völlig OP – over powered.

Einen Vorteil haben die weißen Muskelfasern allerdings noch in der Hinterhand. Sie sind dicker und ihre Wachstumsfähigkeit ist ausgesprochen gut. Das bedeutet, dass durch schnellkräftiges Training die weißen Muskelfasern zwar nicht vermehrt, aber dafür vergrößert werden können. Mit anderen Worten: Der Bizeps wächst!

Langsam zuckende Muskelfasern (rot):

Ich muss gestehen: Im Vergleich zu den schnell zuckenden, weißen und starken Muskelfasern kommen die langsam zuckenden (engl.: slow twitch oder ST-Fasern), roten Muskelfasern etwas mickrig daher. Aber das wirkt nur auf den ersten Blick so, denn gerade für uns, den Ausdauersportlern und Wandersleuten, sind sie extrem wichtig. Denn was bringt uns ein dicker Bizeps, wenn wir keine 10 Kilometer am Stück schaffen?

Die roten Muskelfasern gewinnen durch aerobe (mit Sauerstoff) Prozesse ihre Energie, die sie zum größten Teil aus dem Glykogen und den Fetten in unserem Körper ziehen und sehr lange aufrecht erhalten können. Anders als bei den weißen Muskelfasern läuft der ganze Prozess jedoch viel langsamer ab. Um den Sauerstoff transportieren zu können, wird das Protein Myoglobin gebraucht. Da es eine rote Färbung hat, nehmen die Muskelfasern diese rote Farbe ebenfalls auf. Anders als die weißen Muskelfasern kontrahieren sie vergleichsweise langsam und sind daher nicht für die schnellkräftigen Bewegungen zuständig, sondern kümmern sich um langsame, aber lang andauernde Belastungen. Also genau das Richtige für uns!

Was bedeutet das in der Praxis?

Wenn ihr euch jetzt denkt, dass das alles selbstverständlich und nichts Neues ist, da aerob eigentlich immer langsam, aber dafür lange und anaerob kurz, aber dafür schnell bedeutet, habe ich alles richtig gemacht. Denn im Grunde geht es auch bei den Muskelfasern um nichts anderes als um aerobe bzw. anaerobe Energiebereitstellung. Der Clou an der Sache ist nur zu wissen, dass es so ist.

Okay genug mit der Theorie! Die spannende Frage liegt natürlich auf der Hand: Was bedeutet das für die Praxis? Um das bestmöglich veranschaulichen zu können, gebe ich euch ein Paradebeispiel für einen Athleten, bei dem die weißen Muskelfasern besonders ausgeprägt sind und eines für einen Athleten, bei dem die roten dominanter vorhanden sind. Bestenfalls solltet ihr jetzt schon zwei Athleten im Kopf haben. Falls dem nicht so ist, kommt jetzt der Denkanstoß.

Der Sprinter:

Das Paradebeispiel für einen von weißen Muskelfasern überhäuften Athleten ist der 100-Meter-Sprinter. Das lässt sich unschwer am Körperbau erkennen, sind diese Athleten doch in der Regel sehr muskulös. Grund dafür sind selbstverständlich die sehr gut trainierten und dadurch vergrößerten weißen Muskelfasern. Durch ihre schnelle Energiebereitstellung erlauben sie es dem Sprinter die Muskeln sehr schnell und kräftig kontrahieren zu lassen. Also optimal, um eine Strecke von 100 Metern in der schnellstmöglichen Zeit zu absolvieren. Natürlich ermüden die Muskelfasern auch sehr schnell, aber da die Profis sowieso keine zehn Sekunden für die 100 Meter brauchen, kann ihnen das getrost egal sein.

Falls ihr schon mal eine Leichtathletik-WM oder sonstige Events gesehen habt, geht einfach die verschiedenen Sprintdistanzen durch. Ihr werdet merken, dass die Athleten mit zunehmender Strecke immer drahtiger und leichter werden, bis ihr letztendlich beim Marathoni angekommen seid. Und spätestens hier solltet ihr durch den krassen Kontrast das ganze Thema begriffen haben.

Der Marathoni:

Der Marathoni stellt das Paradebeispiel für einen Athleten dar, der sehr viele rote Muskelfasern besitzt. Natürlich ist auch er muskulös und durchtrainiert, allerdings bei weitem nicht so massig wie ein Sprinter. Das liegt an den im Vergleich zu den weißen Muskelfasern eher dünnen, roten Muskelfasern, deren Wachstumsfähigkeit gar nicht bzw. sehr schlecht ausgeprägt ist. Das liegt daran, dass die Ermüdung ein wesentlicher Faktor für das Muskelwachstum ist, die roten Muskelfasern jedoch gar nicht bzw. nur sehr langsam ermüden. Dementsprechend wachsen sie – respektive der Bizeps – nicht und die Ärmchen bleiben Ärmchen und werden nicht zu Baumstämmen.

Aber das hat Mutter Natur natürlich bewusst so inszeniert und das ist auch gut so. Denn je weniger Gewicht ein Marathoni mit sich schleppen muss, desto leichtfüßiger und filigraner kann er laufen. Wobei ich die Vorstellung, wie sich ein mit Muskeln bepackter Sprinter bei einem Marathon abrackert, schon sehr witzig finde. Andersrum wäre es auch sehr amüsant, einen Marathoni sprinten zu sehen wie einen Sprinter.

Fazit zur Muskelfaserverteilung

So viel zum Thema Muskelfaserverteilung. Ich habe natürlich zwei extreme Beispiele gewählt, die so unterschiedlich sind wie Tag und Nacht. Natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel und natürlich gibt es auch relativ muskulöse und massige Leute, die trotzdem über eine exzellente Ausdauer verfügen. Aber um euch das Thema näher zu bringen und die Unterschiede der zwei Muskelfasertypen zu erläutern, sind die Beispiele perfekt geeignet.

Für das Wandern bleibt festzuhalten, dass die roten Muskelfasern definitiv wichtiger sind als die weißen Muskelfasern, da wir uns überwiegend langsam und dementsprechend im aeroben Bereich bewegen. Darüber hinaus können wir die Muskelfaserverteilung nur bedingt durch Training beeinflussen, da sie sehr stark von der genetischen Veranlagung abhängt.


Hier findet ihr die weiteren Teile der Serie „Training zum Wandern„:

Autor

Es ist noch gar nicht lange her als ich das Wandern für mich entdeckt habe. Meine erste Fernwanderung war der Eifelsteig, die ihr hier auf dem Blog übrigens auch nachlesen könnt. Das war zeitgleich auch der Startschuss für Trekkinglife. Doch naturverbunden war ich schon immer, was ich meinen Eltern zu verdanken habe. Die ersten Urlaube meines Lebens gingen stets in Richtung Norden nach Skandinavien. Daher kommt vermutlich auch meine Begeisterung für die skandinavischen Länder.

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